Wandern und Reisen: La Palma, kanarische Inseln - gesundwanderer wanderblog

Zwischen Vulkanen und Wolkenwäldern: Wandern auf La Palma, der wilden Kanareninsel

La Palma – die nordwestlichste der Kanarischen Inseln – ist ein Paradies für Wanderer, das sich nicht auf den ersten Blick offenbart. Im Schatten ihrer touristisch bekannteren Schwestern Teneriffa und Gran Canaria liegt sie wie ein grünes Juwel im Atlantik, durchzogen von tiefen Barrancos, umgeben von Lavafeldern und überzogen von märchenhaften Lorbeerwäldern. Wer sich auf La Palma zu Fuß bewegt, erlebt nicht nur eine Insel der Kontraste, sondern auch ein Stück Erdgeschichte im Zeitraffer.

Die geologische Bühne: Warum La Palma ein Wandertraum ist

La Palma ist die jüngste der Kanarischen Inseln und vulkanisch hochaktiv. Genau das macht sie zur perfekten Wanderinsel für Naturliebhaber und Geologiebegeisterte zugleich. Während im Osten der Insel üppig-grüne Vegetation aus feuchtem Passatklima gedeiht, findet man im Westen trockene Kiefernwälder, Lavagestein und junge Vulkanfelder. Diese Gegensätze liegen oft nur wenige Kilometer auseinander. Kein anderer Ort in Europa bietet eine derartige landschaftliche Vielfalt auf so kleinem Raum – La Palma misst gerade einmal 40 Kilometer in der Länge und 28 Kilometer in der Breite.

Caldera de Taburiente – das Herz der Insel

Im Zentrum von La Palma liegt die „Caldera de Taburiente“, ein gigantischer Einbruchkessel mit einem Durchmesser von über acht Kilometern. Diese Caldera ist nicht – wie der Name suggeriert – ein typischer Vulkankrater, sondern das Ergebnis einer Jahrmillionen währenden Erosion. Ihre schroffen Felswände ragen bis zu 2.000 Meter in den Himmel. Wanderer können über verschiedene Routen in die Caldera hinabsteigen, etwa über den Barranco de las Angustias. Dort begegnet man Wasserfällen, Pinienhainen, steinernen Lavazungen und dem markanten Roque Idafe – einem heiligen Felsen der Altkanarier. Die Routen innerhalb des Nationalparks gehören zu den eindrucksvollsten Wanderwegen Spaniens.

Auf den Spuren der Vulkane: Von San Antonio bis Tajogaite

Wer verstehen will, wie sich Inseln im Atlantik formen, muss über die „Ruta de los Volcanes“ gehen. Diese Strecke führt über den gesamten Südrücken der Insel, vom Refugio El Pilar bis hinunter nach Fuencaliente. Man wandert dabei entlang junger und alter Krater, wie dem beeindruckenden San Antonio oder dem Teneguía, der 1971 zuletzt ausbrach. Besonders aktuell ist seit 2021 der neue Vulkan Tajogaite, dessen Ausbruch das Aridanetal tiefgreifend verändert hat. Heute führt ein gesperrter, aber offiziell geführter Rundweg in Sichtweite der neuen Krater. Dabei erleben Wanderer die rohe Kraft der Natur hautnah: dampfende Fumarolen, erkaltete Lavaströme und die Geräuschlosigkeit einer Landschaft, die sich erst kürzlich neu gebildet hat.

Magie der Wolkenwälder: Laurisilva und die Ruta de los Nacientes

Der Nordosten La Palmas gehört zu den feuchtesten Regionen der Insel und ist geprägt vom kanarischen Lorbeerwald – dem sogenannten Laurisilva. Diese Vegetationsform ist ein Überbleibsel aus der Tertiärzeit und weltweit nur noch auf wenigen Inseln zu finden. Die Wanderung entlang der „Ruta de los Nacientes de Marcos y Cordero“ führt durch mehrere Tunnel, entlang spektakulärer Schluchten und vorbei an Quellen, die aus dem Fels entspringen. Besonders faszinierend ist der Wechsel des Lichtes in den Nebelwäldern: Sonnenstrahlen brechen durch das dichte Laub, während Wassertropfen auf moosbedeckte Steine fallen. Hier scheint die Zeit stillzustehen – ein Ort zum Staunen und Innehalten.

Höhenwandern zwischen Roque de los Muchachos und Sternen

Mit 2.426 Metern ist der Roque de los Muchachos der höchste Punkt La Palmas – und ein Mekka für Höhenwanderer. Vom Aussichtspunkt bietet sich ein Blick bis nach Teneriffa und El Hierro, bei klarer Sicht sogar bis nach La Gomera. Die Sternwarte oberhalb der Caldera macht La Palma auch zum Hotspot für Astrotourismus. Dank eines strengen Lichtschutzgesetzes sind die Nächte hier besonders klar, was auch Nachtwanderungen zu einem Erlebnis macht. Wer die Höhenroute entlang des Caldera-Randes geht, durchquert eine alpine Landschaft mit tiefen Abgründen, Hochmooren und einer Flora, die sich extremen Bedingungen angepasst hat.

Beste Reisezeit La Palma und klimatische Besonderheiten

Obwohl La Palma das ganze Jahr über wanderbar ist, gelten Frühling (März bis Mai) und Herbst (September bis November) als besonders angenehm. Die Temperaturen liegen dann meist zwischen 18 und 24 Grad, die Luft ist klar, und die Vegetation zeigt sich in ihrer vollen Pracht. Im Winter kann es auf den Höhenlagen Schnee geben, während im Sommer die Hitze auf den südlichen Vulkanrouten anstrengend wird. Der Osten ist häufig wolkenverhangen, was die mystische Atmosphäre in den Wäldern verstärkt – im Westen hingegen scheint oft die Sonne. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte sich tagesaktuell über das Mikroklima informieren, da sich das Wetter innerhalb weniger Stunden stark verändern kann.

Nachhaltig wandern nach dem Vulkanausbruch 2021

Der Ausbruch des Tajogaite im Herbst 2021 hat nicht nur Häuser, Bananenplantagen und ganze Ortschaften unter sich begraben, sondern auch das Selbstverständnis der Insel erschüttert. Doch La Palma hat beeindruckend auf diesen Einschnitt reagiert. Der Wiederaufbau wird begleitet von einer neuen touristischen Philosophie: weniger Masse, mehr Klasse. Wanderwege werden gezielt ausgebaut, neue Lehrpfade eingerichtet, die auf die geologischen und ökologischen Veränderungen eingehen. Besucher werden angehalten, nur auf offiziellen Wegen zu wandern, keine Lavasteine zu entnehmen und lokale Guides zu buchen, um nicht nur sicher unterwegs zu sein, sondern auch einen Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung der Region zu leisten.

Abschließende Tipps für eure Tourenplanung

Wer La Palma zu Fuß entdecken möchte, sollte sich Zeit nehmen – nicht nur für die Etappen selbst, sondern auch für die Geschichten, die diese Landschaft erzählt. Gute Wanderschuhe sind unerlässlich, ebenso wie ausreichend Wasser, Sonnen- und Regenschutz. Eine Karte im Rucksack oder eine Offline-App sind wichtig, da es in abgelegenen Regionen kaum Empfang gibt. Wer abends in kleinen Pensionen oder Casa Rurales übernachtet, erlebt nicht nur authentische Gastfreundschaft, sondern unterstützt auch direkt die Inselbevölkerung. La Palma offenbart ihre Schönheit jenen, die bereit sind, sie Schritt für Schritt zu erkunden – mit offenen Augen, ruhigem Atem und echtem Respekt vor der Kraft der Natur.

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