Das Problem, dass (kleine) Kinder nicht einschlafen oder durchschlafen wollen, kennen viele Eltern. Ich erzähle Euch, was uns wirklich geholfen hat. Ich möchte allen besorgten (jungen) Eltern damit die Angst nehmen, etwas falsch zu machen. Denn es gibt tausende von (teils vollkommen falschen) Ansätzen und im Laufe der letzten Jahre habe ich selbst gemerkt, dass die meisten Blogs und Artikel im Internet nicht unkommerziell geschrieben sind. Meist verbirgt sich dahinter eine (gekonnte) Marketingstrategie.
Viele Webseiten über „Schlafprobleme bei Kindern“ sind Schleichwerbung
Als zweifacher Papa von strammen Jungs (aktuell 1 und 4 Jahre jung) kann ich ein Lied von nächtlicher Unruhe singen. Es wird richtig fies, wenn man wie ich eine Firma hat und nicht mal eben „krank feiern“ kann. Aber wer kann das überhaupt schon in unserem Land? Dann, wenn man mitten in der Nacht zum xten Mal von Geschrei von nebenan geweckt wird, greift man irgendwann zum Handy und sucht nach den typischen Antworten wie „Kleinkind durchschlafen Problem“ oder „Kind schlafen Probleme“.
Globuli und Co. – eine riesige Marketingmaschinerie
Allen voran die Globuli Seiten möchte ich hier einfach mal erwähnen, da wir alle davon durchhaben: wir haben die Erfahrung gemacht, dass die meist gezuckerten Perlen gar nichts bringen außer, dass unsere Psyche damit beruhigt wird. Die Probleme im Kopf der Eltern durch eine starke Marketingmaschine lindern. Der Glaube ist stark, sagen viele aber damit hat sich die Sache auch schon. Mehr als Glaube daran können wir nicht feststellen. Nur doof, dass es die Kinder nicht interessiert, woran wir so glauben.
Die meisten Blogs und Artikel im Internet zum Thema „Kinder schlafen nicht durch“ und Co. sind recht geschickt beschrieben und man merkt oft gar nicht, dass Marketingagenturen oder Hersteller von Pharmazeutika dahinterstecken. Diesen Umstand haben wir erst spät bemerkt und so haben wir die breite Palette an „Hilfsmitteln“ durch. Ganz allergisch reagiere ich übrigens heute auf das Thema „Rituale helfen“.
Einschlaf-Rituale helfen (vielleicht bei anderen), aber nicht beim Durchschlafen
Ja das Thema mit den Ritualen, wenn Kinder nicht schlafen wollen. Meine Frau und ich haben über 17 Monate hinweg Rituale eingehalten wie einen strammen Flugplan und letztlich haben wir bemerkt, dass es das Kind selbst überhaupt nicht tangiert hat. Mag sein, dass bei manchen Kindern Rituale dabei helfen, einzuschlafen aber was hat das Einschlafen mit dem Durchschlafen zu tun? Unser Problem war und ist, dass der kleine Mann nicht durchschlafen will. Bei unserem Erstgeborenen war das übrigens nur drei Monate ein Thema. Er schlief nach etwa 11 Monaten auf der Welt durch und wachte nur selten mal auf. Unser Jüngster hingegen ist nun 18 Monate jung und hat noch immer Probleme damit, durchzuschlafen. Aber wir haben es inzwischen auf max. 2x pro Nacht aufwachen begrenzen können. Manchmal wacht er auch nur einmal in der Nacht auf.
Die Zahnungsphase – zahnt er? Es sind bestimmt die Zähne, oder? Eltern am Rande des Wahnsinns
Wir haben wie schon beschrieben eine Reihe Hilfsmittel durch: von Globulis über andere „Pillchen“ bis hin zu Zäpfchen, die eigentlich gegen Zahnen und Fieber sind, die uns aber von Ärzten empfohlen wurden. Nichts hat geholfen. In der starken Zahnungsphase, vor allem als die Backenzähne kamen, war an schlafen oder gar durchschlafen nachts keine Spur. Sechs bis achtmal wach und geschlafen hat er nur auf der Brust von meiner Frau oder mir. Er hatte dermaßen Schmerzen, dass wir Nurofen gegeben haben und uns doch tatsächlich jemand empfohlen hat, dies öfter zu tun, denn dadurch schlief er dann tief und fest. Kurz: wir wussten eigentlich nie genau, ob es jetzt wirklich die Zähne sind, die dem Kind Schmerzen bereiteten oder nur die Gewohnheit, nicht schlafen zu können.
Schmerzmittel bei Nichtzahnen als Schlafhilfe bei Kindern
Ich verfluche alle Eltern, die ihren Kindern Schmerzmittel als Schlafmittel verabreichen und seien es nur ein paar Tropfen. Ja wir wissen wie es ist, 17 Monate nicht durchzuschlafen. Teilweise haben wir kaum mehr als vier Stunden die Nacht geschlafen. Da ist natürlich die Versuchung groß, dass wenn der kleine Mann mal länger als zwei Stunden nur durch Nurofen Schmerzmittel schläft groß, ihm das zwischendurch mal zu geben. Aber NEIN! Wir haben uns klar dagegen entschieden und nicht, weil wir Ökoeltern sind. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass der Wirkstoff Ibuprofen symptomatisch Schmerzen und Fieber lindert. Aber was tut er, wenn keine Schmerzen und Fieber da sind, sondern nur die Psyche beim Kind dazu führt, dass es nicht schläft? Nehmt Ihr etwa auch Hustensaft, obwohl Ihr nicht husten müsst?
Was hat letztlich geholfen, dass unser Kind besser schläft?
Der Glaube spielt hier natürlich eine Rolle. Was hat geholfen, dass unser Kind besser schlafen kann? Der eiserne Wille, es endlich hinzubekommen würde ich sagen und Geduld Geduld und nochmals Geduld. Klar ist, dass es bei jedem Kind anders sein kann. Aber wir haben bewusst wahrgenommen, dass wenn wir gewisse Rituale lang und breit ausleben am Abend, dass unser kleiner schlechter einschläft. Ergo müsste es ja so sein, dass wenn wir nachts sofort bei ihm sind und neben ihm schlafen, das gleiche Thema auftreten muss? Und so war es auch: wir haben konsequent das „Betüddeln“ zurückgeschraubt und es hat geholfen.
Als meine Frau und ich uns abwechselnd ganze Nächte um die Ohren gehauen haben, indem wir auf einer Matratze neben unserem Kind geschlafen haben, hat er sehr viele Aufwachphasen pro Nacht gehabt. Für eine Familie ist das nicht einfach und sogar der Traumurlaub auf dem Schiff war nicht der Beste. Der Kleine war so dermaßen auf uns fixiert, sodass er einfach nicht zur Ruhe kam. Übrigens: dass er vermeintlich von uns geweckt wurde, weil wir laut atmen oder schnarchen würden ist übrigens völliger Quatsch. Wer das schreibt und sagt, hat entweder keine Ahnung oder keine Kinder.
17 Monate Insomnia für uns und dann …
Ja, ich weiß, dass jetzt viele nahezu durchdrehen, wenn sie das lesen. Aber es ist das einzige Mittel, was bei uns bislang geholfen hat: wir lassen den Kleinen nun ein wenig schreien, wenn er wieder Sehnsucht hat. Denn Sehnsucht und Gewohnheit sind die zwei einzigen Themen (gewesen), warum unser Kind nicht gut eingeschlafen ist und durchschlafen konnte. Zugegeben, er schläft noch immer nicht länger als fünf bis sechs Stunden am Stück aber das ist für uns purer Luxus. Und wir wissen, was das heißt, denn wir hatten buchstäblich 17 Monate keine REM Phase in der Nacht. Nach Rücksprache mit unserem Kinderarzt (mit dem wir inzwischen sehr zufrieden sind), haben wir eine neue Strategie gewählt, die etwas herzzerreißend am Anfang war, aber sehr effektiv ist.
Wer schreit, der schläft
Wir lassen das Kind ein wenig schreien – es war am Anfang für uns eine Tortur, will man den Kleinen doch direkt in die Arme nehmen und drücken und trösten. Aber genau das ist der Fehler, den Eltern machen und auch ein Teufelskreis dazu. Denn das Kind lernt in den ersten zwei Lebensjahren so viele Gewohnheiten kennen, dass es bereits nach dem ersten Lebensjahr schwierig ist, einige von ihnen wieder abzulegen (daher ist es ja so schwierig, Kindern die Flasche oder den Schnuller abzugewöhnen). So hilft es, aus alten Gewohnheiten neue zu erschaffen und die Kuscheltiere als Fokus des Kindes zu planen. Und je länger diese Gewohnheiten bei Kindern sind, desto mehr baut sich die Memory Funktion im Kopf auf. Wir hatten also die Hoffnung, dass unser Kind vom Schreien müde wird und dann einschläft. Und es hat geklappt.
Die Schrei-Phasen werden immer kürzer und das Kind schläft besser
Die Phasen, in denen der Kleine beim Einschlafen geschrien hat, wurden nun innerhalb von 7 Tagen nahezu halbiert und es gab innerhalb der letzten 30 Tage, in denen wir diese Praxis anwenden sogar 8 Abende, an denen gar kein Geschrei war. Lediglich in der Nacht passiert es noch, aber der Kleine lernt dadurch eines: sich selbst zu beruhigen.
Selbstberuhigung fördern durch Ruhe und Liebe
Wir sorgen nun jeden Tag für Ruhe ab ca. 19 Uhr. Wir geben unserem Kind Raum, sich abends nochmal auszutoben und es muss nicht Punkt 19 Uhr sein, wann er ins Bett gehen soll. Wir gehen vor allem nach seinem Zustand: reibt er sich die Augen? Saugt er stark am Nucki? Erst dann starten wir mit ihm unser kurzes Ritual, indem wir allen Tieren im Zimmer gute Nacht sagen und für eine sehr ruhige, wohlige Atmosphäre sorgen. Der Kleine fempindet so sein Bettchen nun als schützende Festung, in der seine Lieblingstiere liegen und eine Lampe leuchtet die ganze Nacht, damit er keine Angst vor der Dunkelheit hat.
Es gibt kein Patentrezept, dass Euer Kind durchschlafen wird
Jeder Jeck ist anders, wie es im Rheinland heißt und so ist es auch bei Kindern. Aus Erfahrung heraus kann ich Euch aber folgende Checkliste und Punkte als Hilfe an die Hand geben, sodass auch Euer Kind besser einschlafen oder durchschlafen kann:
- Probiert viele Dinge aus und hört nicht auf die Meinung anderer
- Nehmt Euch Zeit, Euer Kind zu verstehen (ich weiß, schwierig)
- Versucht, zwischen Zahnen und Weinen aus Gewohnheit zu entscheiden
- Bleibt hart, wenn das Kind mal schreit beim Einschlafen
- Verzweifelt nicht, nur weil die 10. Strategie auch nicht hilft Besorgt Euch ein Babyphone mit Kamera, damit Ihr nicht jedes Mal ins Zimmer rennen müsst, wenn das Kind ruhig geworden ist
- Nutzt Spielzeuge und Kuscheltiere zum gemeinsamen „Gute Nacht Sagen“
- Greift bitte nie zu Schlafmitteln
- Finger weg von Schmerzmitteln, wenn es nicht unbedingt sein muss
- Versucht, Euer Kind an ein bestimmtes Kuscheltier zu gewöhnen und legt es immer wieder zu ihm ins Bettchen – es wird sein Fokus, Anker und sein Ruhepol
- Stellt auch eventuell das Zimmer um, baut einen Himmel über das Bettchen – alles, was Sicherheit gibt, ist gut
- Macht eine Fahrt mit der Familie, einen Ausflug für einen Tag, um raus zukommen
- Eure Besucherritze im Schlafzimmer sollte nur bei kranken Kindern freigegeben werden – glaubt mir: Eure Kids sind nicht doof
- Glaubt an Euch selbst, denn es kann nur besser werden
Ihr schafft das. Auch Euer Kind wird irgendwann durchschlafen. Und bleibt positiv: spätestens dann seht Ihr wieder aus, wie der junge Frühling.
Euer Philipp!