Die Dolomiten zählen zu den spektakulärsten Wanderregionen Europas – schroff, lichtdurchflutet und in ihrer Kombination aus lieblichem Almcharakter und dramatischer Felskulisse absolut einzigartig. Wer sich vornimmt, von der sanften Seiser Alm bis zum sagenumwobenen Pragser Wildsee zu wandern, begibt sich auf eine der eindrucksvollsten Mehrtagestouren Südtirols. Die Route verbindet nicht nur zwei der bekanntesten Postkartenmotive der Alpen, sondern führt Euch durch eine faszinierende Welt aus Hochplateaus, Bergdörfern, Nationalparks und stillen Tälern.
Unsere Wanderroute und ihre Highlights
- Die Idee hinter der Route
- Etappenübersicht und Dauer
- Beste Reisezeit und Voraussetzungen
- Etappe 1: Seiser Alm – Plattkofelhütte – Sellajoch
- Etappe 2: Sellajoch – Puez-Geisler – Longiarù
- Etappe 3: Longiarù – St. Vigil – Fanesalm
- Etappe 4: Fanes – Sennes – Pragser Wildsee
- Tipps zu Übernachtung und Planung
Die Idee hinter der Route
Die Wanderung von der Seiser Alm zum Pragser Wildsee ist kein klassischer Fernwanderweg mit Wegzeichen und festem Namen. Sie ist vielmehr eine kreative Verknüpfung bestehender Höhenwege, Hüttentouren und Panoramastrecken. Dabei durchquert Ihr den Naturpark Schlern-Rosengarten, das Sellagebiet, die Puez-Geisler-Gruppe, das ladinische Gadertal und schließlich den Naturpark Fanes-Sennes-Prags.
Rechnet mit rund vier bis fünf Tagen reiner Wanderzeit, je nach Fitnesslevel, Pausen und Übernachtungsmöglichkeiten. Wer möchte, kann die Tour verlängern oder an strategischen Punkten abkürzen – etwa mit Bussen im Gadertal oder in St. Vigil.
Etappenübersicht und Dauer
Gesamtdauer: 4–5 Tage
Länge: ca. 75–85 Kilometer
Höhenmeter: ca. 4.500 aufwärts / 4.300 abwärts
Schwierigkeit: mittelschwer bis anspruchsvoll (gute Trittsicherheit und Kondition erforderlich)
Übernachtung: Berghütten, Almen, Gasthöfe
Beste Reisezeit und Voraussetzungen
Optimal ist die Tour von Ende Juni bis Anfang Oktober, abhängig von Schneelage und Hüttenöffnungszeiten. Im Hochsommer kann es in beliebten Abschnitten wie rund um die Seiser Alm oder den Pragser Wildsee recht voll werden – doch schon eine halbe Stunde abseits der Hotspots wandert Ihr oft fast allein.
Empfehlenswert ist eine Wanderkarte der Dolomiten (z. B. Tabacco-Serie), GPS-Tracking auf dem Smartphone sowie Erfahrung im hochalpinen Gelände. Wetterumschwünge können auch im Sommer heftig ausfallen.
Etappe 1: Von der Seiser Alm zum Sellajoch
Strecke: Compatsch – Plattkofelhütte – Sellajoch
Distanz: ca. 15 Kilometer | 900 hm bergauf / 700 hm bergab
Ihr startet auf der Seiser Alm, Europas größter Hochalm, mit Blick auf Langkofel, Plattkofel und Schlern. Der erste Wegabschnitt ist eine Ode an die Weite: saftige Wiesen, Almblumen, Kühe auf Sommerfrische und ein endlos scheinender Horizont.
Der Steig führt Euch zunächst zur Plattkofelhütte (2.300 m), ein perfekter Ort für eine Mittagsrast mit Blick auf die steilen Wände des Langkofel-Massivs. Von hier geht es weiter entlang des Friedrich-August-Wegs Richtung Sellajoch, wo sich das Tal von Gröden öffnet. Übernachtung ist hier auf dem Sella-Pass in einer Hütte oder Unterkunft möglich.
Etappe 2: Vom Sellajoch ins Gadertal (über Puez-Geisler)
Strecke: Sellajoch – Grödner Joch – Puez-Hütte – Longiarù
Distanz: ca. 20 Kilometer | 1.200 hm bergauf / 1.400 hm bergab
Ein alpiner Höhepunkt der Tour. Vom Sellajoch folgt Ihr dem Dolomiten-Höhenweg Nr. 2 hinüber zum Grödner Joch und steigt ein in das Herz des Puez-Geisler-Gebiets, das zum UNESCO-Welterbe gehört. Der Steig führt vorbei an der markanten Cirspitze, durch bizarre Felslandschaften und über das Puez-Plateau zur Puez-Hütte, einer aussichtsreich gelegenen Hochgebirgshütte.
Anschließend geht es lang und stetig bergab in das ladinische Dorf Longiarù (Campill) – ein ruhiger, ursprünglicher Ort, umgeben von Almen und Lärchenwäldern. Tipp: Unbedingt ladinische Küche probieren – z. B. Turtres oder Schlutzkrapfen.
Etappe 3: Von Longiarù nach Fanes
Strecke: Longiarù – St. Vigil – Fanesalm
Distanz: ca. 17 Kilometer | 1.100 hm bergauf / 500 hm bergab
Nach einer Talwanderung durch das Val de Lüsen (wahlweise mit Taxitransfer nach St. Vigil) folgt der Anstieg zur Fanesalm – einem der magischsten Orte der Dolomiten. Über den Furcela de Fanes erreicht Ihr die Hochebene von Klein-Fanes, eingerahmt von den Kalkriesen der Lavarella und Conturines.
Hier öffnet sich ein weites Almgebiet, durchzogen von Bächen, Felsblöcken und Legenden. Die Fanes-Hütte oder Lavarella-Hütte sind exzellente Übernachtungsorte – mit warmer Dusche, Kaiserschmarrn und Hüttenzauber.
Etappe 4: Von der Fanesalm zum Pragser Wildsee
Strecke: Fanes – Großes Fanes-Tor – Sennes – Pragser Wildsee
Distanz: ca. 20 Kilometer | 800 hm bergauf / 1.200 hm bergab
Der finale Tag führt über das Große Fanes-Tor hinüber zur Sennes-Hütte, einem herrlichen Aussichtspunkt über das Pragser Tal. Durch das Hochtal von Sennes wandert Ihr mit Blick auf die Croda Rossa, bis Euch ein steiler Abstieg durch das Rienztal in Richtung Ziel bringt.
Dann endlich, nach rund vier Tagen: der Pragser Wildsee. Türkis, still, umrahmt von steilen Wänden – ein Ort wie aus einem anderen Jahrhundert. Viele kennen ihn von Instagram. Ihr aber habt ihn erwandert.
Tipps zu Übernachtung und Planung
- Plattkofelhütte: ideal als erste Station, moderne Hütte mit traumhafter Terrasse
- Sellajoch: Unterkunft am Pass oder im nahen Wolkenstein
- Puez-Hütte: abgelegen, aber lohnend (Reservierung notwendig)
- Longiarù / Campill: Gasthöfe mit viel ladinischem Charme
- Fanes- oder Lavarella-Hütte: komfortabel, gutes Essen, echtes Hochgebirgserlebnis
- Pragser Wildsee: Übernachtung im historischen Hotel direkt am See (rechtzeitig buchen)
Für die Tour solltet Ihr alle Unterkünfte frühzeitig reservieren – insbesondere im Juli und August. Ein Gepäcktransport ist nicht vorgesehen; Packmaß und Gewicht müssen stimmen.
Wandererlebnis mit Tiefgang
Diese Wanderung ist mehr als ein sportliches Unterfangen. Es ist eine Reise durch Landschaften, die in ihrer Schönheit oft sprachlos machen. Es ist auch eine Begegnung mit der ladinischen Kultur, mit uralten Sagen und einer Bergwelt, in der jedes Tal seinen eigenen Rhythmus hat. Wer die Seiser Alm als Ausgangspunkt und den Pragser Wildsee als Ziel wählt, der verbindet das Weiche mit dem Wilden, das Almenidyll mit dem Felsentraum.
Diese Route ist nichts für Eilige – aber eine Einladung an alle, die den Weg zum Ziel machen möchten.